Zum Fremdschämen

In Wiesbaden kennt man Oliver D. und seine „Werke“, denn seit Jahren werden sämtliche freie Flächen wie Plakatwände, Liftfaßsäulen, Sicherungskästen und wo-halt-grade-Platz-ist von ihm mit Bibelsprüchen vollgeschmiert. Meist in schwarz, doch er hat auch immer passende Stifte in anderen Farben dabei. Auch für strukturierte Untergründe.

Unter seinen Zitaten finden sich zahlreiche alttestamentarische Sprüche, gerne frauenfeindlich oder antisemitisch, was die Kirche gar nicht lustig findet (also nicht, dass das in dem dicken Buch drin steht, sondern das daraus zitiert wird). Und immer wieder kritzelt er die Adresse dazu, unter dem „Jesus Christus“, also er, zu finden sei. Der jährliche Schaden, der durch sein Treiben entsteht, solle sich auf mindestens  250.000 € pro Jahr belaufen, gab die Firma Wall AG im Jahr 2012 bekannt, die sich um die Reinigung der von ihr vermieteten Plakatflächen im Stadtgebiet kümmert.

Gegen sein Treiben lässt sich leider nichts unternehmen, denn Oliver D. gilt als unzurechnungsfähig. Er ist an einer Schizophrenie erkrankt und daher Schuldunfähig. Zu holen gibt es bei ihm auch nichts, denn er lebt von Sozialhilfe. Und so bleibt das Ärgernis den Wiesbadenern solange erhalten, bis sich die Gesetzeslage grundlegend ändert, oder Oliver D. sich in irgendeiner Art und Weise anderweitig etwas zu schulden kommen lässt.

Eine Agentur in Wiesbaden versucht es derweil mit einem geschmacklosen PR-Stunt und hat einen passenden Schriftsatz mit dem Namen „Profet“ entwickelt. Was sie damit erreichen will, erschließt sich mir nicht: Will man sich über einen geistig kranken Menschen lustig machen? Oder die Betroffenen seiner Sachbeschädigungen verhöhnen? Was auch immer dahinter steckt: Es ist zum Fremdschämen.

Nachtrag:

Gerade gesehen, dass der Font von 2011 ist. Also eine Jugendsünde, die man wohl besser unter den Teppich kehrt. Oder eben auf seiner Newsseite lässt. Was es eigentlich noch schlimmer macht…

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