Die nächste Amazon-Disruption :: Klamotten

by Volker Weber

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Neulich haben wir im Circus Merino diskutiert, weil Klamotten aus Merinowolle nicht so schnell müffeln und seltener gewaschen werden müssen. Ideal für Reisende. Also habe ich mal bei Amazon gesucht und bin dort auf Meraki, eine Amazon-Eigenmarke gestoßen. Und dann einen Wollpullover für 28 Euro bestellt, um mal zu schauen, was man für so wenig Geld bekommt.

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Was soll ich sagen? Tadellos. Habe ihn jemandem gezeigt, der Klamotten am Stoff und nicht am Label einordnet und der sagte: "Mindestens 79 Euro." Wer die Margen von Groß- und Einzelhandel kennt, der weiß, dass Amazon auch bei 28 Euro noch Geld mit so einem Pulli verdienen kann. Meraki merke ich mir. Die haben genau die Basics, die mir gefallen.

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Comments

Die Marge funktioniert auch ohne Zwischenhändler nur, weil Amazon keine Steuern bezahlt. :-(

Sabine Weber, 2019-11-12

Da fallen mir ein Dutzend Dinge ein, die entscheidender als Gewinnsteuern sind. Die Idee ist auch nicht neu, sondern wird von Tchibo schon eine Zeit lang erfolgreich angewendet. Amazon geht noch einen Schritt weiter. Verzicht auf Markenbildung und damit enorme Einsparung von Marketingkosten. Produktion und Verkauf von Basics, die man ohne Änderung jahrelang produzieren (und tragen) kann. Damit einhergehend eine relativ einfache Logistik mit großen Mengen gleichartiger Artikel, die kurze Lagerzeiten haben und damit wenig Kapital binden. Einfache Disposition, komplette Kontrolle über die ganze Kette mit beliebiger Preisbildung. Und so weiter und so fort.

Wenn die Qualität der Ware stimmt, ist das unschlagbar.

Volker Weber, 2019-11-12

und das wird dann leider, wenn hier Massen verkauft werden, für Tiere und Umwelt ein großes Problem.. Haltung, Schur, etc...
Insofern von meiner Seite wenig Begeisterung für die damit produzierten „Nebenkosten“

Fabian Müller, 2019-11-12

Wenn die Qualität in Ordnung ist, dann der Preis natürlich beeindruckend. Wobei es schwer zu beurteilen ist, ob dies eben der Fall ist. Es sollte in die Qualität das komplette Paket eingehen. Vom Schaf bis zur Lieferung. Das habe ich bei diesem Deal meine Zweifel.

Martin Imbeck, 2019-11-12

Ein Hoch auf Amazon, brauche ich nicht mehr mit meiner Frau in die Stadt. Ist ja eh kein Laden mehr da, ausser die 1 Euro shoppies.

stefan niemeier, 2019-11-12

... auf direktem Weg zu „The Shop“ aus „Quality Land“ (=> gibts bei Amazon & Audible).
Wie der Alte schon (sinngemäß) sagt: „ ... das Internet setzt die klassischen Wettbewerbsmechanismen außer Kraft. Damit wachsen die Großen immer weiter und die Kleinen sterben, bis es nur noch einen gibt....“
Natürlich ist es im Augenblick verlockend, immer noch günstiger beim großen Amazon zu kaufen, das in Qualität und insbesondere in Service immer besser wird und die Konkurrenz sukzessive immer weiter hinter sich lassen wird. Amazon weiß schließlich auch immer besser, was wir benötigen und haben wollen.
Die Frage ist, ob wir das (langfristig) wollen und fördern sollten. Kurzfristig kann man hier natürlich clever Trittbrettfahren.

Ich habe leider auch keine Lösung.
Sorry für die Kritik und die Weltuntergangsstimmung.

Stephan Bohr, 2019-11-12

Aus Wettbewerbsgründen sollten die Kartellbehörden Amazon zwingen sich entweder auf den Handel oder auf das eigene Geschäft zu begrenzen. Beides zusammen geht nicht. In der Kombination wird Amazon unschlagbar sein. Amazon weiß immer als erstes und am besten, was gerade wie gut läuft und wo sich welche eigene Produkte Eigengeschäft bzw. Direkthandel lohnen.

Zur Marktwirtschaft gehören Wettbewerbshüter, die haben in den letzten 20 Jahren geschlafen.

Ebenso hätte Facebook niemals Instagram oder WhatsApp akquirieren dürfen. Auch hier haben die Wettbewerbshüter geschlafen.

Felix Binsack, 2019-11-12

Ich kaufe bei Amazon wenn es möglich ist Trigema. Auch im Einkauf schaut man dort etwas genauer hin und die Baumwolle kommt dann zum Beispiel aus Griechenland, von Lieferanten mit denen man eine langjährige Geschäftsbeziehung unterhält.
Leider ist der Eigentümer was Mode betrifft mindestens genauso stur wie bei seinen sonstigen Prinzipien.

Ich würde mir manchmal wünschen dass Amazon seine Marktmacht noch mehr nutzen würde um gute und fair produzierte Produkte auf den Markt zu bringen. In den USA ist man mit Whole Foods auch in einem eher gehobenen Segment eingestiegen. Das eine muss das andere ja nicht ausschliessen.

Henning Heinz, 2019-11-12

Dann lieber https://inismeain.ie/.

Thomas Cloer, 2019-11-12

Oder: https://www.maerz.de/ .
Strickerei in Ungarn, Wolle zumindest teilweise aus Bayern. Hält meiner Erfahrung nach jahrelang, da relativiert sich der Preis auch etwas. Kann man im Laden kaufen, falls es schon keinen mehr gibt, auch direkt beim Hersteller bestellen. Gibt mir zumindest ein besseres Gefühl als China-Ware. Und das ist ja auch etwas wert, besonders bei etwas "Hautnahem" wie Kleidung.

Alexander Hüls, 2019-11-12

Fabian, wenn's danach geht, dürfte man gar nichts mehr kaufen.
- mit Schurwolle unterstützt man Massentierhaltung
- mit Baumwolle unterstützt man Monokulturen und gigantischen Wasserverbrauch
- Kunstfasern sind aus Erdöl
Das wichtigste ist, dass man gute Qualität kauft die lange hält, um nicht ständig neu kaufen zu müssen.

Manfred Wiktorin, 2019-11-13

Korrekt. Und gute Qualität hat nichts mit dem Distributionsweg zu tun.

Volker Weber, 2019-11-13

Warum sollte Qualität nichts mit dem Distributionsweg zu tun haben?

https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/qualitaet-45908
https://de.wikipedia.org/wiki/Qualit%C3%A4t

Kurzfassung: Übereinstimmung von Leistungen mit Ansprüchen. Ansprüche stellen Kunden, Verwender (Konsument/Produzent), Händler und Hersteller.

Und da gehört für mich (!) die gesamte Lieferkette dazu. Wenn der Pullover einen guten Preis hat und länge hält, die Herstellung aber umweltfeindlich erfolgt (obwohl es anders geht) oder Menschen für die Herstellung ausgebeutet werden - dann stimmt für mich die Qualität eben nicht.

Und natürlich klappt das nicht in allen Lebenlagen und für alle Produkte. Aber wo es geht, da versuche ich das auch umzusetzen.

Martin Imbeck, 2019-11-13

Allein der Begriff "Klamotte" beschreibt den Kern der Misere.
Unkenntnis und Herabwürdigung.
Textilien sind komplexe, technische Produkte mit globalen Liefer-/Verarbeitungsketten, die teils hochproblematisch sind für Mensch und Umwelt.
Es geht um weit mehr als den Ausgangsrohstoff der Faser, whataboutism ist entsprechend unangebracht.
Nicht, dass ich eine Lösung hätte, aber die 28 Euro-"Klamotte" von Amazon ist es wohl nicht. Nichts jedenfalls, das per se eine Promotion verdient hätte.
"Basics" von guter Qualität hingegen sind meines Erachtens ein Schritt auf dem Weg zur Lösung, daher bitte ich meinen Beitrag nicht als Kritik zu verstehen, sondern als Ausdruck meiner eigenen Ratlosigkeit diesbezüglich.

André Doumen, 2019-11-13

Das Problem ist einfach, dass sich weltweit immer mehr Leute Pullis überstreifen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bev%C3%B6lkerungsentwicklung#Historische_Entwicklung

Manfred Wiktorin, 2019-11-13

@Johannes: soso, pauschal und unqualifiziert.
90% der von der Textilindustrie verarbeiteten Merinowolle stammt aus australischer Massentierhaltung.
Rund die Hälfte der weltweit produzierten Baumwolle stammt von künstlich bewässerten Monokulturen. Die Produktion von 1kg Baumwolle verschlingt dort mehr als 10.000 Liter Wasser (Greenpeace sagt sogar bis zu 29.000 Liter).
Und für die Produktion von 1kg Polyester werden fast 3 Liter Erdöl verbraucht. Insgesamt fast 70 Millionen Barrel im Jahr (Schätzung). Außerdem auch noch Steinkohle. Nein, wir sind noch nicht so weit, das zu 100% aus recycelten PET Flaschen herzustellen...
Einfach mal googlen, bevor man anderen pauschale und unqualifizierte Aussagen vorwirft.

Für uns paar Deutsche (ca. 1% der Weltbevölkerung), die es sich noch dazu finanziell leisten können, ist es durchaus möglich Kleidung nach höchsten ökologischen und Tierwohl-Standards und mit fairen Löhnen für die Arbeiter zu fertigen. Wer glaubt dass das auch für fast 8 Milliarden Menschen geht, ist ein Träumer.

Manfred Wiktorin, 2019-11-13

Um mal auf den Titel dieses Posts zu kommen: Was ist denn das Disruptive daran? Der Distributionskanal oder, dass in Fernost gefertigte Textilien für kleines Geld angeboten werden oder dass günstige Kleidung auch ordentlich gefertigt sein kann?

Heinz Quast, 2019-11-13

Die Kombination dieser drei Dinge. Du kannst Pullis in der gleichen Qualität mit dem gleichen Material produzieren. Aber die Logistik und die Anzahl der Parteien, die daran verdienen müssen, unterscheidet sich dramatisch. Und dann kommen unterschiedliche Preise beim Verbraucher an. Amazon weiß, was die Kunden kaufen wollen und kann es in der richtigen Qualität und Menge zu einem kleineren Preis verkaufen.

Volker Weber, 2019-11-13

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